Page:H.M. Minerva.djvu/317

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eines gebogenen Ganges wo alte Kupferstiche hingen, fand er eine schlichte weiße Thür, die offen stand. Er kam sich entgegen, im Spiegel, drüben am Ende des Zimmers. Auch ein Amor spiegelte sich; er stand dem Bette gegenüber, aufrecht und nackt auf dem Kamin und stemmte seinen Bogen auf die Hüfte.

„Das ist nun ihr Schlafzimmer,“ sagte der Knabe, achselzuckend und matt. Er sah stumm in die Runde und ging zurück.

Achtundvierzig Stunden später, mitten im Regen, erschien Lady Olympia.

„Überzeugen Sie sich, süße Herzogin, ob ich anhänglich bin!“

„Um wen wird denn hier getrauert?“ fragte sie nach kurzer Anwesenheit. Sie erfuhr, daß aus der Venus noch nichts geworden sei, und lächelte mitleidig. Beim Abschied, allein mit der Herzogin, riet sie:

„Süße Herzogin, nehmen Sie das weniger ernst, was die Männer uns und sich selber vorfiebern. Sie leben alle in Dichtungen. Die Wirklichkeit ist einfach, und gehört uns. Viel Vergnügen! Übrigens machen Sie es wie ich und spielen von Ihren Dramen — o, Sie werden noch viele spielen! — immer nur die ersten anderthalb Akte, so lange der Himmel heiter ist. Wenn Wolken heraufziehen, reise ich ab. Leben Sie wohl!“

In der Nacht bemerkte die Herzogin, daß die Thür ihres Zimmers weit offen stand. Der Mond erhob sich eben über die Bäume. Sie sah im Spiegel eine Gestalt, die hinten im Gange um die Ecke bog,

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