Page:H.M. Minerva.djvu/134

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Augen aufschlägt und alles versteht, was nur ihr verstandet. Mir gehört dieses versunkene Reich, ich bevölkere es neu. Für mich rauscht das Volk eurer alten Träume über die toten Jahrhunderte herbei, und bis vor meine Füße.“

An der Piazzetta bestieg sie ihre Gondel.

„Nicht wahr? Ihr habt meine Glieder ganz angefüllt mit eurem mächtigen Leben! Ich fühle ja, wie ich selbst unerschöpflich hinüberströme in alles, was ich sehe. Auf mein Geheiß steigen an diesem Strande, den Paläste säumen, die Brücken schimmernd auf und nieder. Jedes der reizenden Mädchen, deren grüner oder goldener Pantoffel über ihre Bogen hineilt, entsende ich von meinem Herzen. Mir scheint, ich habe ihre blumigen Mieder selber gewirkt; ihre schlanken und weichen und flaumigen Nacken hat mein Daumen modelliert, und das Blondhaar habe ich darüber hingestäubt und die Veilchensträuße befestigt an den blassen Hälsen der Brünetten. Der gebrannte Thon der männlichen Gesichter ist mein Werk.

„Hinter jener blendenden uud grün überbuschten Gartenterrasse bewegt sich eine junge Dame; ihr Kleid prangt in allen Tinten des Sommermittags. Ihr weißer Tüllshawl weht lind und duftend um ihre Schultern. Sie ist gewandt, leicht, weit ausschreitend, flüchtig, und hinterläßt überall ein Lächeln und einen Gedanken an Glück. Ich habe sie dort hingestellt, an dieses strahlende Ufer, damit die Erde noch schöner werde, die reiche Erde, die aus mir jauchzt.

„Eine Bewegung meiner Hand hat auf die Spitze

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