Page:H.M. Der Untertan.djvu/441

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er tiefernst: „Es ist schauerlich. Ein Abgrund.“ Er las noch einmal, Wort für Wort, den verhängnisvollen Zusatz, legte den Brief in den Geldschrank und schloß mit hartem Griff. Dort innen schlummerte nun das Gift für Buck und die Seinen — geliefert von ihrem Freund. Nicht nur, daß Klüsing sie nicht mehr mit Geld versah, er verriet sie auch. Aber sie hatten es verdient, das konnte man sagen; eine solche Verderbnis hatte wahrscheinlich selbst Klüsing angeekelt. Wer da noch Schonung übte, machte sich mitschuldig. Diederich prüfte sich. „Schonung wäre geradezu ein Verbrechen. Sehe jeder, wo er bleibe! Hier heißt es rücksichtslos vorgehen. Dem Geschwür die Maske herunterreißen und es mit eisernem Besen auskehren! Ich übernehme es im Interesse des öffentlichen Wohles, meine Pflicht als nationaler Mann schreibt es mir vor. Es ist nun mal eine harte Zeit!“

Den Abend darauf war eine große öffentliche Volksversammlung, einberufen vom freisinnigen Wahlkomitee in den Riesensaal der „Walhalla“. Mit der regen Hilfe Gottlieb Hornungs hatte Diederich Vorsorge getroffen, daß die Wähler Heuteufels keineswegs unter sich blieben. Er selbst fand es unnütz, die Programmrede des Kandidaten mit anzuhören; er ging hin, als schon die Diskussion begonnen haben mußte. Gleich im Vorraum stieß er auf Kunze, der in übler Verfassung war. „Ausrangierter Schlagetot!“ rief er. „Sehen Sie mich an, Herr, und sagen Sie mir, ob so ein Mann aussieht, der sich das sagen läßt!“ Da er vor Aufregung sich nicht weiter erklären konnte, löste Kühnchen ihn ab. „Zu mir hätte Heuteufel das sagen sollen!“ schrie er. „Da hätte er nun aber Kühnchen kennengelernt!“ Diederich empfahl dem Major dringend, seinen Gegner zu verklagen. Aber Kunze

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