Page:H.M. Der Untertan.djvu/399

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Neues Feuer in den Adern, machten sich beide an das nächste Rennen. Denn die kaiserlichen Renner liefen scharf; um ihnen vorauszukommen, mußte man Gassen durchjagen, die aussahen wie Kanäle und deren spärliche Passanten sich schreckensvoll gegen die Mauer drückten; oder es hieß aussteigen und Hals über Kopf eine Treppe nehmen. Dann aber stand Diederich pünktlich an der Spitze seines Häufleins, sah die siebente Uniform aussteigen und schrie. Und dann wandte der Kaiser den Kopf und lächelte. Er erkannte ihn wieder, seinen Untertan! Den, der schrie, den, der immer schon da war, wie Swinegel. Diederich, federnd vor Hochgefühl über die Allerhöchste Aufmerksamkeit, blitzte das Volk an, in dessen Mienen heiteres Wohlwollen stand.

Erst die Versicherung des Portiers, daß Seine Majestät nun frühstücke, erlaubte es Diederich, sich Gustes zu erinnern. „Wie siehst du aus!“ rief sie bei seinem Anblick und zog sich gegen die Wand zurück. Denn er war rot wie eine Tomate, völlig aufgeweicht, und sein Blick war hell und wild wie der eines germanischen Kriegers der Vorzeit auf einem Eroberungszuge durch Welschland. „Dies ist ein großer Tag für die nationale Sache!“ versetzte er mit Wucht. „Seine Majestät und ich, wir machen moralische Eroberungen!“ Wie er dastand! Guste vergaß ihren Schrecken und den Ärger über das lange Warten: sie kam herbei mit liebevollen Armen, und demütig rankte sie sich an ihm hinauf.

Aber kaum das Stündchen zum Essen gönnte Diederich sich. Er wußte wohl, nach dem Mittagsmahl ruhte der Kaiser; dann hieß es, unter seinen Fenstern Wache stehen und nicht weichen. Er wich nicht; und der Erfolg zeigte, wie recht er tat. Denn noch hielt er seinen Posten, dem

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