Page:H.M. Der Untertan.djvu/395

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sende aus, was Diederich nicht begriff. Er versuchte, ohne merklichen Erfolg, den Übriggebliebenen beizubringen, welches Ereignis sie in Rom erwarte. Zwei Amerikaner zeigten sich empfänglicher, worauf Diederich triumphierend: „Na, Sie beneiden uns wohl auch um unseren Kaiser!“ Da sahen die Amerikaner einander an, mit einer stummen Frage, die ergebnislos blieb.

Vor Rom ging Diederichs Aufregung in wilden Tätigkeitsdrang über. Den Finger in einem Sprachführer, lief er dem Zugpersonal nach und suchte in Erfahrung zu bringen, wer früher ankommen werde, sein Kaiser oder er. Gustes Leidenschaft hatte sich an der des Gatten entzündet. „Diedel!“ rief sie. „Ich bin imstande und werf’ ihm meinen Reiseschleier auf den Weg, damit daß er darüber geht, und die Rosen von meinem Hut schmeiß’ ich auch hin!“ — „Wenn er dich aber sieht und du machst ihm Eindruck?“ fragte Diederich und lächelte fieberhaft. Gustes Busen begann zu wogen, sie senkte die Lider. Diederich, der keuchte, riß sich los aus der furchtbaren Spannung. „Meine Mannesehre ist mir heilig, was ich hiermit feststelle. In diesem Falle aber—“ Und er schloß mit einer knappen Geste.

Da kam man an — aber ganz anders, als die Gatten es erträumt hatten. In größter Verwirrung wurden die Reisenden von Beamten aus dem Bahnhof gedrängt, bis an den Rand eines weiten Platzes und in die Straßen dahinter, die sofort wieder abgesperrt wurden. Aber Diederich, in entfesselter Begeisterung, durchbrach die Schranken. Guste, die entsetzt die Arme reckte, ließ er mit allem Handgepäck dastehen und stürzte drauflos. Schon war er inmitten des Platzes; zwei Soldaten mit Federhüten jagten ihm nach, daß ihre bunten Frackschöße flogen. Da schritten die Bahnhofsrampe mehrere Herren herab, und

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