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— 165 —

VI

 

Sieh, die Glockenmänner sind am Schlagen!
Zitternd von der warmen Luft getragen
Folgen unentrinnbar allerwege
Uns die schonungslosen Stundenschläge.
Stille Liebe, gib mir deine Hände
Noch einmal! Der Zauber ist zu Ende,
Dem wir folgten so viel süße Gänge
Durch der Gassen und Kanäle Enge.
Morgen muß ich diese schmalen Gassen
Und die Stadt und dich und alles lassen,
Muß zurück in meinen wolkendunkeln
Norden, wo die bleichen Gletscher funkeln,
Wo man deiner Sprache reiches Tönen
Nicht versteht und nichts versteht vom Schönen,
Noch von Klang noch Freude. Dunkle Lose
Warten meiner in der Heimat Schoße.
Bei des Herdes Licht in wachen Nächten
Werd' ich Kränze weher Lieder flechten
Um dein Bildnis, werde traurig träumen
Von den leuchtenden Lagunensäumen,
Von den Tagen, deren weiches Gleiten
Niemals störte unsre Seligkeiten,
Die so still und lachend uns beglückten,
Die mit Küssen wir und Liedern schmückten.