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Hafen von Livorno

 

Nach einem Bild, das ich vor Jahren sah,
Verläßt mich eine milde Sehnsucht nie.
Es ist mir oft in Träumen fern und nah
Wie eines Jugendwanderliedes
Vergess'ne, traumbekannte Melodie.

Die Sonne sank und war voll müder Glut,
Der fernen Inselberge Linie schwand
In Duft und Himmel. Und die schwere Flut
Des Meeres schlug in wunderlichen Takten
An meines dunklen Fischerbootes Rand.

Ein gelbes Dreiecksegel flammte schwer
Am Molo auf. Ein sattes Leuchten glitt
Mit jäher Schönheit übers goldne Meer
Und nahm die letzten roten Strahlen
Ins violette Reich des Abends mit.